Alle Medien berichteten im vergangenen Jahr überschwänglich, was sich 1968, vor etwa 50ig Jahren, in der BRD als Aufbruch in eine neue Zeit „abgespielt“ haben soll. Wie war das Leben von Jugendlichen in dieser Zeit, die nicht in den Metropolen studierten? Ich war einer davon. 1968 wurde ich neunzehn Jahre alt, musste noch zwei Jahre bis zur Volljährigkeit warten!
Im Frühjahr 1969 wollten wir endgültig Kleinstadt und Elternhäuser verlassen. Da ich in Wuppertal-Unterbarmen an der Staatlichen Ingenieurschule für Bauwesen, Abteilung Hochbau, studierte, versuchten wir in der Nähe eine Wohnung zu finden.
Trotz Anstecken von Verlobungsringen erbarmte sich kein Vermieter einem 19-jährigen Pärchen zu einer eigenen Wohnung zu verhelfen. Wir empfanden eine seltsame Ableh-nungssolidarität zwischen Elternhaus und potentiellen Vermietern: Jugendliche hatten offensichtlich bis zu Volljährigkeit und Ehe zuhause zu wohnen! Wir gaben nicht auf.
Meine Freundin, die täglich mit der Bahn zur Arbeit nach Remscheid fahren musste, fand für sich ein ganz kleines, sehr schlicht möbliertes Zimmer in der 1. Etage eines Altbaus und ich Ev-Reformierter mietete Bett und Verpflegung in einen Dreibettzimmer im Kolping Jungmännerheim der katholischen Kirche. Beide von uns eher als „Wohnknäste“ empfundene Zimmer lagen in W-Elberfeld in geringer fußläufiger Entfernung vonein-ander.
Keiner von uns durfte laut Mietvertrag den Partner mit aufs Zimmer nehmen. Es trotzdem zu tun, war subversiv und angstbesessen. Der Traum, gemeinsam Zeit ohne Stress und Provisorium zu verbringen, wurde uns gründlich ausgetrieben. Nur die Eltern konnten wir eine kurze Zeit in gebührendem Abstand halten.
(demnächst mehr)