
Anbei meine ausgemusterten, nun konzertierenden, Büroklammern auf die Ohren:
Wer kennt noch den Sound mechanischer Schreibmaschinen, z.B. das Glöckchen am Ende der Zeile? In meiner Serie „Verschollene Geräusche“ transportiere ich alte Maschinen-klänge online in unsere Gegenwart:
Angeblich gibt es nur noch wenige Plattenspieler in deutschen Wohnzimmern. Wer noch einen aufbewahrt hat und vielleicht zwischen Weihnachten und Neujahr eine „alte Platte“ zum Rauschen gebracht hat, wird sich wieder an die unverwechselbaren Geräusche erinnern, die der „PlaSpi“ nach dem Abheben von der auslaufenden Scheibe machte. Hört es sich bei Ihnen auch heute noch so an?
Da muss mensch sich erst einmal mit Sperrmüllsachen einrichten, um vergangenes Design zu spüren und verschollene Geräusche zu hören. Ich erwarb vor Jahren bei der Brocken-sammlung für 15 DM einen alten Bürostuhl, der mich seitdem während der Büroarbeit mit seinem Quietschen und Ächzen wach hält. Gelegentlich improvisiert er mit mir als Duopartner melodiöse Geräuschsequenzen, deren Sound ich durch Bewegungselemente beeinflussen kann. Wer es mir nachtuen möchte, klicke hier:
Der Zeitgeist nagt bekanntlich auch am Musikgeschmack. So verschwinden für eine zeitlang liebgewonnene Instrumente, bis der Staub von ihnen geblasen wird, wenn sie wiederentdeckt werden. So geht es sicher auch dem Harmonium, welches die elektrische Orgel, das Keyboard u.a. verdrängt haben. Hier noch einmal im Walzertakt zu hören:
Klicken Sie links und schließen die Augen: Sie befinden sich nun in einer Bauernhofküche um 1946:
Zunächst wird der Holzofen angemacht, dann Wasser gepumpt, im Hintergrund tickt die mechanische Wanduhr, auf dem Schrank wird Brot mit der Handbrotschneidemaschine geschnitten und nach dem Frühstück beginnt die Arbeit an der mechanischen Rechen-maschine. Die Abrechnungen der Molkerei sind zu prüfen.
Ringstraßensounds entstehen durch den Rhythmus der Ampelschaltung, Stärke des Verkehrsaufkommens und Lautstärke unterschiedlicher Motoren.
Klicken Sie hier, schließen Sie die Augen und stellen sich in Gedanken auf die Brücke, die den Nordring zur Moltkestraße hin überspannt! Wer hier wohnen muss, braucht starke Nerven oder schalldichte Fenster!
In meiner Nachbarschaft benutzt ein Gartenliebhaber für seinen 50 Quadratmetergarten einen Laubsauger, der drei Rasenmäher mühelos überstimmt. So kam ich auf die Idee in meinem SOLO A-Projekt für alle auf Lärmentzug gesetzte Heimwerker ein kleines Maschinen-Geräuschestück einzustellen:
„Der frühe Vogel fängt den Wurm“. Wer jetzt Frühaufsteher ist, bekommt ein Konzert der Extraklasse zu hören, wenn er das Fenster öffnet oder sich nach draußen begibt. „Alle Vögel sind schon da“. Sie zwitschern, hämmern und singen was der Kehlkopf hergibt. Als Klangteppich gesellt sich das Grundrauschen des Westrings dazu, darüber ein paradiesischer Hörgernuss!
Im Winter Baum-Sägen, im Frühjahr Hecken-Scheren, im Sommer Rasen-Mäher und im Herbst Laub-Puster und -Sauger. Unser Leben ist jahresbedingt motorisiert. „Wetten, dass ich die Jahreszeit am Motorgeräusch erkennen kann“, scherzte ein Mann vom Blindentreff?
Im Winter Baum-Sägen, im Frühjahr Hecken-Scheren, im Sommer Rasen-Mäher, im Herbst Laub-Sauger und -Puster. Wir sind das ganze Jahr über motoriesiert und immer öfter von Lärm umgeben. Wie sähe Gütersloh aus, wenn wir die Jahreszeiten-Energie einsparen würden?
Im Marktgeschehen mischen sich alle Gütersloher Ethnien. KäuferInnen und Verkäufer-Innen palavern vielsprachig durcheinander, fast wie auf einem Basar. Nennen wir es gelungene „Markt-Integration“!?
Das direkte Zusammenspiel von Verkäufern und Käufern ist nur noch auf dem Markt zu spüren. In den seelenlosen Gängen der Supermärkte ist man mit den Waren allein, Fragen können an den Kasse gestellt werden, falls es da noch Kassiererinnen gibt!?
Ganz anders auf dem Wochenmarkt: ( mal reinhören ?)
Paradiesischen Klängen kann mensch nur am frühen Morgen lauschen, wenn die Menschen in ihren warmen Betten schnarchen. Draußen ist dann noch ein jungfräulicher Naturklang zu vernehmen. Suchen Sie sich also einen gestandenen Baum, lehnen ihren Körper an die wetterharte Rinde und lauschen Sie:
Auch Pfingstsamstag erklangen um 10:00 Uhr die Glocken am Rathaus. Eine Maien-Melodie über parkenden Autos, geschäftigen Märkten, kaffeetrinkenden und flanierenden Menschen. Ein Wonnemonat-Sonnentag in der Gütersloher-City!
Computer, Keyboards und Gitarren haben die Blockflöten verdrängt. Blockflötenunterricht verkümmert langsam aber stetig. Welche Lehrerin, welcher Lehrer hat noch die Nerven für 25 bis 30 individuell blasende Grundschulkinder?
Zu Ehren der verkannten Flöte einen BB (Blockflöten-Blues) als Zugabe der Trio Allsaitz-CD „Kammerblues“.
Das Hörbeispiel wurde heute um 6:oo Uhr aufgenommen. Der dumpfe Klangteppich stammt von der Ringstraße, denn das Paradies ist eine Oase in der Siedlung, nicht weit vom Ringtreiben entfernt. Nur wenn der Wind aus nordöstlicher Richtung weht, bleiben die Vogelstimmen unter sich, kein Rauschen verzerrt das göttliche Klangerleben.
In der Rubrik „Stadt-Klang“ stelle ich in loser Folge Geräusche der Stadt Gütersloh vor, die ich an markanten Plätzen, Hinterhöfen, Baustellen, Verkehrsinseln u. a. Kulissen erhört habe.
Heute präsentiere ich eine Osterferien-Mittagsruhe. Aufnahmeort: Obergeschossfenster im Rathaus.
Wenn Improvisationen mitgeschnitten werden, ergeben sich oftmals kuriose Situationen. Einmal spielte das Telefon mit:
Gerda G., bekanntes Partygirl aus GT, bekam nach ihrer Flucht von der Herbstkirmes mehrere Probleme. Als sie sich mit dem Kirmesmitreisenden Bruno Pavenstädt, einem Liebhaber aus der Vergangenheit, in ihre Isselhorster Wohnung schlich, stellte sie ihr Ehemann Gerd von Blankenhagen lauthals zur Rede. Ängstliche Nachbarn verständigten die Polizei. Da Bruno sich nicht ausweisen konnte, musste Gerda sich von ihm trennen. Auch ihr Mann stand für ein Schäferstündchen nicht mehr zur Verfügung. Im Gegenteil, noch einen Seitensprung und der weiterhin laut Wütende wolle die Eheringe hinschmeißen. Gerda schloss sich im Wohnzimmer ein, stellte den Fernseher lauter, fand noch eine angebrochene Schnapsflasche unter dem Sofa und ertränkte ihren Kummer, bis sie völlig geschafft einschlief. (Fortsetzung folgt!)
In der allgegenwärtigen Kakofonie unserer urbanen Wirklichkeit ist uns Stille unheimlich geworden. Außerdem kann echte Stille nicht existieren, denn sie erzeugt im Gegenzug aufdringliche Geräusche, die wie zuvor nicht gehört haben. Wenn der Raum auch absolut schalldicht wäre, pocht immer noch das Herz, atmet es in und aus der Lunge und rumoren rastlose Gedanken in den Synapsen unseres Gehirns. Das macht aber den Reiz von Stille aus: Das „Insichhineinhören“! Wer sich selbst hören möchte, klicke an, hier folgen 30 Sekunden digitale Stille . . .
Wie selbstverständlich tippen wir heute die Telefonummer in unsere Handys. Wenn man möchte, meldet sich jede Ziffer mit einem eigenen Ton. Wie ein vergangener Sound klingt da das Eindrehen in die Wählscheibe historischer Telefone. Wer seine Erinnerung auffrischen möchte, wähle folgenden Klammersatz:
Welche Mühen mussten unsere Vorfahren überwinden, um aus den tieferen Schichten Trinkbares zu gewinnen!? Da war die Erfindung einer Schwengelwasserpumpe schon der reinste Luxus!
Welches Kind kennt noch den Zeiger oder die Ziffern einer Armbanduhr, welcher Jugendliche das Geräusch einer mechanischen Wanduhr? Die Serie „Vergessene Geräusche“ leistet einen hörgeschichtlichen Beitrag gegen das Verschwinden von Geräuschen, die Jahrhunderte lang das Leben unserer Vorfahren begleitet haben.
Die paradiesische Freiheit der Musik erlebe ich einmal wöchentlich, wenn ich mich mit GalliT und JürgenS zur Improvisation treffe. Neulich hatten wir auf der Terrasse ungebetene Mitspieler. Zwei Klempner installierten ein neues Regenwasserfallrohr in unmittelbarer Nähe unserer Mitschnittmikrofone. Hier mal das „Trio Allsaitz“ and special guests „The Klempners“:
Wer hat noch im Ohr, wie ein Birkenholzfeuer im offenen Kamin klingt, wie der Wind durch einfach verglaste Holzfenster pfeift oder welche Geräusche der Plattenspieler fabriziert, bevor er sich ausstellt? Einiges davon möchte ich in loser Folge unter dem Titel „Vergessene Geräusche“ wieder zum Leben erwecken. Heute die „Handbrotschneide-maschine“, hören Sie selbst: